Architektur entdecken

Eines der europaweit größten Beispiele frauengerechten Wohnens: Die Frauen-Werk-Stadt in Wien (1995-97), Architektur: Elsa Prochazka und Gisela Podreka Foto: DieterHenkel

Das Architekturfestival Open House 2024 lädt heuer am 14. und 15. September und damit zum insgesamt 10. Mal ein, faszinierende Architekturprojekte in Wien und Umgebung zu erkunden. Das Festival bietet erneut die seltene Gelegenheit, Bauwerke zu besichtigen, die der Öffentlichkeit normalerweise verschlossen sind. Die Schwerpunktthemen 2024 liegen bei Holzbauwerken, Freiräumen der Stadt und der Nachnutzung ehemaliger Betriebsstätten.

Zwei Tage lang lädt Open House Wien Architekturbegeisterte ein, hinter die Fassaden beeindruckender Gebäude, neu gestalteter Stadträume und urbaner Initiativen in Wien und Niederösterreich zu blicken. Bei freiem Eintritt und ohne Voranmeldung werden Führungen für die Besucher:innen angeboten, die Volunteers, Nutzer:innen und Fachpersonen mit jeder Menge Hintergrundwissen abhalten. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht, die Bedeutung von Baukultur in der eigenen Stadt ebenso wie das Angebot, neue Trends hautnah zu erleben, und dabei historische Details und jede Menge Fun Facts zu erfahren. Open House Wien ist Teil der weltweiten Initiative Open House Worldwide mit insgesamt 1,2 Millionen Besucher:innen und rund 60 Festivals auf allen fünf Kontinenten.

Themenschwerpunkte

Für die 10. Ausgabe haben sich die Festivalleiterinnen Barbara Libert und Christine Lechner etwas ganz Besonderes einfallen lassen: neben neu teilnehmenden Gebäuden – öffent eine Auswahl besonders beliebter Bauwerke der letzten zehn Jahre. Ausserdem stellen Barbara Libert und Christine Lechner den inhaltlichen Schwerpunkt des Festivals diesmal auf die nachhaltige Stadtentwicklung mit einem Fokus auf Holz, Freiraum und Nachnutzung ehemaliger Betriebsgebäuden.

Architektur in Holzbauweise ist auf dem Vormarsch. „Als nachwachsender Rohstoff und bedeutender CO2-Speicher trägt er wesentlich zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks bei. Wie vielfältig der Baustoff Holz eingesetzt werden kann, können die Besucher:innen von Open House Wien dieses Jahr in mehreren Gebäuden erleben“, sagt Christine Lechner. Die Bandbreite reicht vom – mit HStrohballen gedämmten – Strohfloh über den Zubau der Waldorfschule in Wien-Mauer, dem Vivihouse mit dem innovativen Bausystem zum Selbstbau, der Sport- und Fun-Halle Leopoldstadt bis hin zum höchsten Holzgebäude Österreichs, dem HoHo Wien. In einigen der geöffneten Holzbauten kann man zudem die Verwendung des wiederentdeckten Baustoffs Lehm erleben: im Wohnprojekt Auenweide, in der Waldorfschule, im Vivihouse sowie im Donaustädter Baugruppenprojekt Assemblage Niklas-Eslarn, bei dem Lehm direkt aus der Baugrube verarbeitet wurde. „Die Kombination Holz-Lehm gewinnt zunehmend an Bedeutung“, betont Lechner, „denn Lehm bietet großartige physikalische Eigenschaften, wie eine optimale Temperatur- und Feuchtigkeitsregulierung und eignet sich optimal als Baustoff der Zukunft“.

Freiräume und Initiativen der Stadtbewohner:innen sind ein weiterer Schwerpunkt der Ausgabe 2024.Freiräume spielen in der dicht verbauten Stadt eine unverzichtbare Rolle, eine wachsende Anzahl von Bewohner:innen werden für mehr Grün und weniger Beton aktiv. Freiräume bieten – neben ihren ökologischen Qualitäten – dringend notwendige Erholungsräume für die Bevölkerung und sind besonders wertvoll, wenn sie rasch und gut erreichbar sind. „Freiräume wirken kühlend, binden CO2, filtern Feinstaub, relativieren Starkregenerereignisse und bieten Raum für Tiere und Wildpflanzen. Kurzum: „Wir brauchen grüne Freibereiche, um gut in der Stadt leben zu können“, betont Barbara Libert, „weshalb die für die Bevölkerung nun geöffnete Freie Mitte am Nordbahnhof oder die temporäre Begrünung des MuseumsQuartiers besonders begrüßenswert sind. Von den Akteuren selbst getragene Initiativen oder Beteiligungsprozesse bilden wertvollen Input für die Stadt in Fragen rund um Gestaltung und Nutzung von Freiräumen“, unterstreicht Libert. „Gelungene Beispiele hierfür sind die gemeinschaftliche Initiative Schwimmverein Donaukanal oder in Beteiligungsprozessen geplante und umgesetzte Projekte wie ‚Stadt aufmöbeln‘ im Fritzi-Massary-Park oder die neue Wohnstraße TikTak Galilei in der Galileigasse.“

Ankerbrotfabrik, Silo Favoriten. Foto: Filmgut/ThomasZeller

Ehemalige Betriebsstätten wie alten Fabriken und Gewerbehallen werden durch innovative Nachnutzungskonzepte zu lebendigen Wohn- und Arbeitsräumen, Kulturzentren und Freizeitbereichen. Diese Projekte tragen zur Belebung des urbanen Raums bei, bewahren historisch wertvolle Bausubstanz und fördern nachhaltige Stadtentwicklung. Mit dabei bei Open House Wien 2024 sind unter anderem die ehemalige Sargfabrik Fabrik1230, die Favoritner Gösserhalle sowie die erst seit kurzem leerstehende Ankerbrotfabrik mit dem ehem. Getreidespeicher, die unter dem Titel „Zukunftsanker“ in den nächsten Jahren zu neuem Leben erweckt werden wird.

Lieblinge zum Jubiläum

Heuer werden außerdem zehn ausgewählte Gebäudelieblinge geöffnet. Nominiert wurden diese von den Volunteers, den Besucher:innen und Architekt:innen. „Diese Bauwerke zeichnen sich dadurch aus, dass sie zum einen von Besucher:innen förmlich ‚überrannt‘ wurden, herausragende architektonische Konzepte verfolgen oder den Volunteers besonders in Erinnerung geblieben sind“, erzählt Christine Lechner. „Wer eines dieser überaus beliebten Gebäude bisher verpasst hat, erhält eine neue Chance auf einen Besuch. Die Gebäudelieblinge sind die Alte Börse, der Bridgeclub von Adolf Loos, die kurz vor der Schließung stehende Universitätsbibliothek und das Kipferlhaus in der Inneren Stadt, weiters der mit seinem nachhaltigen Konzept überzeugende Smartblock Geblergasse, das Wasserbaulabor River-Lab, das innovative Wohnprojekt Frauen-Werk-Stadt und selbstverständlich das höchste Holzhaus, das HoHO Wien, sowie das höchste Gebäude Österreichs, der DC Tower. In Niederösterreich wird das gemeinschaftliche Wohnprojekt Auenweide zu sehen sein.“

Die denkmalgeschützten Räumlichkeiten des Bridge-Club-Wien befinden sich in einer um 1913 von Adolf Loos gestalteten herrschaftlichen Wohnung eines Wohnhauses aus der Ringstraßenzeit. Sie sind zum Teil im Originalzustand (Jugendstil mit Marmorverkleidungen und Holztäfelungen) erhalten. Foto: Dieter Henkel

180 Volunteers im Einsatz

„Ohne das Engagement der Volunteers wäre dieses Event nicht realisierbar, Open House Wien lebt von deren Enthusiasmus und Mitarbeit. Dieses Jahr werden über 180 Volunteers im Einsatz sein. Vorwissen ist nicht nötig, nur Begeisterung für Architektur, denn alle neuen Open House Wien-Volunteers erhalten in einem Kurzseminar das Rüstzeug für erfolgreiche Architekturführungen“, erklärt Barbara Libert.

Die Vision

Ziel von Open House Wien ist es, bei freiem Eintritt Architektur am Puls der Zeit zu vermitteln, sowie außergewöhnliche Gebäude zu öffnen, die nicht oder nur bedingt öffentlich zugänglich sind. Stadtgestaltung und Baukultur – in einer für Laien verständlichen Sprache zu vermitteln soll den Blick für die Stadt schärfen und für den öffentlichen Raum sensibilisieren und damit die Identifikation mit der eigenen zu fördern ist das Ziel von Open House Wien.

Samstag, der 14. und Sonntag, der 15. September 2024
10:00 bis 17:00 Uhr
Zu begehen sind 55 Gebäude in Wien und Niederösterreich www.openhouse-wien.at

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