Marina Tabassum aus Bangladesh ist die Architektin des diesjährigen Serpentine Pavillon. Ihre temporäre Struktur, die sich an den ephemerer Bauten ihrer Heimat inspiriert, ist noch bis zum 26. Oktober 2025 frei zugänglich.
Seit dem Jahr 2000 wird inmitten des Londoner Hyde Parks der „Serpentine-Pavillon“ errichtet. Gestartet wurde einst mit niemand geringerem als Zaha Hadid. Über die Jahre kam eine beachtliche Liste von Architekt:innen dazu, die mit der Errichtung des ephemeren Bauwerks beauftragt wurden. Von Sumayya Vally, Counterspace (Südafrika), der bislang jüngsten Architektin über Frida Escobedo (Mexiko) bis zu Diébédo Francis Kéré (Burkina Faso) oder Bjarke Ingels (Dänemark), Theaster Gates (USA) Lina Ghotmeh (Frankreich und Libanon) oder Minsuk Cho und seinem Büro Mass Studies (Südkorea) waren bis heute eine ganze Reihe interessanter und höchst unterschiedlicher Bauten zu sehen. Einziger Wermutstropfen, dass in Zeiten von Kreislaufwirtschaft und Recycling bislang nur ein einziges Mal die Wiederverwertung der Strukturen möglich geworden ist. Ein zweites Leben war dem Pavillon bislang nur 2013 beschert, als der Pavillon des japanischen Architekten Sou Fujimoto, 2016 vor der Nationalen Kunstgalerie in Tirana sein endgültiges Zuhause gefunden hat.

Architektur mit sozialem Engagement
Die Bauten von Marina Tabassums Büro (MTA) zeugen stets von sozialem, politischem und ökologischem Engagement. MTA widmet sich stets auch der fortschreitenden Umweltzerstörung Bangladeschs, einem besonders gefährdeten mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontierten Land. Tabassum konzentriert sich dabei auch auf die Rolle der Architektur bei der Verbesserung der Lebensbedingungen marginalisierter Menschen in der Region.
Der diesjährige Serpentine Pavillon wurde als langgestreckter Baukörper in Nord-Süd-Ausrichtung um einen zentralen Hof errichtet. In die von den traditionellen Glashausdächern inspirierte Struktur mit ihrer tonnengewölbten transluziden Hülle fällt das Tageslicht durch die Baumkronen gefiltert ein und schafft eine angenehme Atmosphäre. Das zentrale Element von Tabassums Konzept bestimmen die einzelnen beweglichen Elemente, wodurch sich neune Raumkonfigurationen schaffen lassen. Marina Tabassum gelingt es damit die sensorischen Möglichkeiten der Architektur mittels Maßstab und Wechselspiel von Licht und Schatten einzusetzen. Mit ihrer „Zeitkapsel“ bezieht sie sich auch auf die Architektursprache der historischen Shamiyana-Zelte oder -Markisen Südasiens. Diese Strukturen, sind in ihrer Funktion ähnlich beweglich und veränderbar, bestehen aus einer äußeren textilen Hülle, die von Bambusstangen getragen wird, und werden üblicherweise temporär für Versammlungen und Veranstaltungen im Freien errichtet. Mit maximaler konstruktiver Offenheit schafft Tabassums Pavillon den notwendigen Raum selbst für eine größere Zahl von Besucher:innen im Rahmen von Veranstaltungen.

Gelebte Räume schaffen
„Wir freuen uns sehr, für den diesjährigen Serpentine Pavillon ausgewählt worden zu sein. Bei der Konzeption unseres Entwurfs haben wir über die Vergänglichkeit des Auftrags nachgedacht, der uns wie eine Kapsel der Erinnerung und Zeit erscheint. Die Beziehung zwischen Zeit und Architektur ist faszinierend: zwischen Beständigkeit und Vergänglichkeit, von Geburt, Alter und Verfall strebt Architektur danach, die Zeit zu überdauern. Architektur ist ein Werkzeug, um den dem Menschen innewohnenden Wunsch nach Kontinuität über das Leben hinaus zu erfüllen“, betont die Architektin. Und erläutert weiter: „Im Gangesdelta ist Architektur vergänglich, da die Behausungen dem wechselnden Flusslauf entsprechend, ihren Standort wechseln. Architektur wird zu Erinnerung an gelebte Räume, die mittels Erzählungen weiterbestehen.“







